Reichweite des Telekommunikationsgeheimnisses

 

§ 3 TTDSG

  1. Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.
     
  2. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses sind verpflichtet […]
     
  3. Den nach Absatz 2 Satz 1 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die Erbringung der Telekommunikationsdienste oder für den Betrieb ihrer Telekommunikationsnetze oder ihrer Telekommunikationsanlagen einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder von den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge bezieht. Die Anzeigepflicht nach § 138 des Strafgesetzbuches hat Vorrang.
     
  4. […] “
  • Verpflichteter: §3 Abs. 2 TTDSG
  • BVerfG (st. Rspr) seit 02.03.2006 – Reichweite anhand 2 Faktoren
  • Abschluss des Kommunikationsvorgangs
  • im Herrschaftsbereich des Teilnehmers mit Möglichkeit zur Löschung
     

Artikel 95 Verhältnis zur Richtlinie 2002/58/EG

Diese Verordnung erlegt natürlichen oder juristischen Personen in Bezug auf die Verarbeitung in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen in der Union keine zusätzlichen Pflichten auf, soweit sie besonderen in der Richtlinie 2002/58/EG festgelegten Pflichten unterliegen, die dasselbe Ziel verfolgen.

 

  • Rangverhältnis
    • o EU-Ebene: RiLi 2002/58/EG als lex specialis
    • o nationale Rechtsanwendung: Anwendungsvorrang der DS-GVO vor nationaler Umsetzung der RiLi 2002/58/EG in TTDSG?!
  • Hürden
    • Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen“
    • Ín der Richtlinie 2002/58/EG festgelegten Pflichten“

 ​➔ Scheitern überschießender Regelungen im TTDSG an Art. 95 DS-GVO
      bspw.: „geschäftsmäßiges Erbringen“, „Mitwirkende“

 

 ​➔ Bewertung „Regelung für Regelung“ in TTDSG

 

  • Einordnung der Privatnutzung der Telekommunikation durch Beschäftigte
    • umstritten
      • h.M.: Bejahung der Anwendung der §§ 91 ff., 88 TKG-aF, §206 StGB
      • Gegenansicht mit „Ursprung“ im Arbeitsrecht
    • Konsequenz dieser Einordnung: Grundsatz: Erfordernis der Einwilligung (bis Ende der Telekommunikation)
       
  • Hintergrund: §§91 ff. TKG-aF und §§88 TKG-aF, 206 StGB
    • Geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten
    • Das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht“ (§3 Nr. 10 TKG-aF)
    • Nicht: „Telekommunikationsdienst“ (§3 Nr. 24 TKG-aF)
    • Kernelemente: Drittbezogenheit

 

  • Historisches Spannungsverhältnis
    • Nein, auch zukünftiges Spannungsverhältnis durch § 3 TTDSG
    • § 3 Abs. 2 Nr. 2 TTDSG: geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten
    • aber: keine Definition mehr
       
  • Vorrang als EU-Verordnung
    • keine Subsidiarität - technologieneutrale Anwendung (ErwGr 15)
    • Art. 95 DS-GVO: Öffnungsklausel für Richtlinie 2002/58/EG („e-Privacy- Richtlinie“)

      Diese Verordnung erlegt natürlichen oder juristischen Personen in Bezug auf die Verarbeitung in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen in der Union keine zusätzlichen Pflichten auf, soweit sie besonderen in der Richtlinie 2002/58/EG festgelegten Pflichten unterliegen, die dasselbe Ziel verfolgen.

➔ Keine Deckungsgleichheit mit Anwendungsbereich des TTDSG
➔ Anwendung der DS-GVO➔ aber: §206 StGB

 

  • Zulässigkeit nach Maßgabe der DS-GVO
    • Neuerung und Vorteil: Interessenabwägung (Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO)
    • aber: Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz in § 26 BDSG
      • Vorrang des §26 BDSG
      • Argument: Art. 88 DS-GVO
      • §26 Abs. 1 Satz 1: Durchführung des Beschäftigungsverhältnis oder Kollektivvereinbarung
      • §26 Abs. 2 Satz 2: Einwilligung (Freiwilligkeit der Einwilligung wegen Vorteil)
         
  • Sperrwirkung des §26 BDSG umstritten
    • Rückgriff auf Art. 6 DS-GVO

➔ Regel (DS-GVO) – Ausnahme (§26 BDSG) – Regel (Art. 6 DS-GVO) - Verhältnis

DSGVO - BDSG - LDSG